Kobenkreuz und Kreuzstein


Daisbach / OT von Waibstadt  PLZ: 74915
Standort: Am westlichen Ortsrand in einer neu gestalteten Anlage,
an der Kreuzung „Wolfstraße“ mit „Hoffenheimerstraße“, steht ein kleines
Steinkreuz aus grauer Vorzeit. Aufgestellt ca. im 13. bis 16. Jahrhundert.
Größe: 50cmx53cmx19 cm.Material: heller Sandstein, Kanten gerundet.

Es finden sich in der Kraichgauer Literatur, „Steinkreuze im Kraichgau“, eine Vielzahl von Sühnekreuz-Standorten mit den ihnen seit alters her anhaftenden Sagen und Legenden.

Im Gegensatz zu den Hochkreuzen, die zu „religiösen Kleindenkmalen“ zählen, sind Steinkreuze sogenannte „Rechtsmale“ aus Zeiten fernab jeglichen hoheitlichen Einflusses.

Diese Steinkreuze (Sühneurkunden) sind die sichtbaren Zeichen der sühnevertraglichen Praxis, die oft die einzige Möglichkeit war, den Rechtsfrieden zwischen den Parteien herzustellen, Blutrache durch Uhrfehde (Friedensversprechen) und Sühnevertrag zu sichern.       

Das Inventar der Steinkreuze im Kraichgau von Bernhard Losch mit dem Titel „Sühne und Gedenken, Steinkreuze in Baden – Wüttemberg (1981)“ weist für den Kraichgau insgesamt 48 Kreuze aus.

Karl Eichhorn sagt in seiner Abhandlung über „Alte Steinkreuze im Kraichgau,“  dass nur vier dieser Steinkreuze urkundlich belegt sind.
Das vierte dieser Kreuze mit urkundlicher Erwähnung steht bei der Ortschaft Daisbach an der Wolfstraße beim Weg zum Ursenbacher Hof.

Im Generallandesarchiv finden sich zwei Gemarkungspläne in denen der Kreuzstein in der Geometrie eines Tatzenkreuzes eingezeichnet ist.

H-Daisbach-3: (1730) Entwurf zu einer Gemarkungskarte, Orte, Wege, Flurnamen und Tatzenkreuz angedeutet.(229/16619).

H-Daisbach-5: (1770) Plan über  das Churpfälzisch Stift Sinsheim: Ursenbacher Gemarkung und des daran gelegenen Stücks von der Dayspacher Gemarkung. Beschreibung der Karte links und rechts in der Legende des Plans. (229-16619)
Das Tatzenkreuz ist deutlich in Mitte der Straßenkreuzung erkennbar.

Der 1. Chronist der Ortsgeschichte von Daisbach mit Ursenbacher Hof (1910) Heinrich Steidel, Großherzoglicher Oberförster, stellte bei seinen Recherchen fest, das im Jahre 1614, im ältesten Zinsbuch des Stiftes Sinsheim (heute im GLA-KA) in der Nähe des ehemaligen Stiftswaldes Birkig, das „Kobenkreuz“ sozusagen als Flurbezeichnung genannt  wird.

Die Stelle lautet: „ drei Simri (1 Simri = 7,5kg) Frucht von drei Morgen Acker am Kobenkreuz, einseitig Stifts Birkigwald, anderseits Philipp Greisbarth, ferner fünf Simri Frucht von fünf Morgen Ackers, auch am Kobenkreuz, inwendig die „Heiligen“ (Mönchsäcker), auswendig und ringsum des Stift Sinsheim Wald.
Unter die Heiligen ist das zur früheren Daisbacher Kirche gehörende Pfarrgut  zu verstehen.

Somit dürfte feststehen, dass das Kreuz bereits schon lange vor dem 30jährigen Kriege hier an der gepflasterten Wolfstraße gestanden hat.

Recherchen für die Zeit nach 1600 ergaben außer Sagen, und Legenden  des Volksmundes, keine verwertbaren Dokumente noch Informationen. Auch die vielen Erdbewegungen- Wasserversorgung- Kanalisation- Elektrizität, Ausgrabung der Lindenbaum-Wurzel usw. ab der 60ziger Jahre im  Umfeld des Kobenkreuzes, brachten keine Hinweise auf eine Begräbnisstätte (nachträgliche Bestattung) beim Kreuzstein.

Recherchen in Ortschroniken, deren Bürgerlisten, Zinsbüchern und den Güterverzeichnissen (1381 Berain) der Deutschordenskommende aus Zeitepochen des 16. und 15. Jahrhunderts waren unergiebig, außer auf einige Bürger -Nennungen mit dem Namen Kop.

Aus der Bürgerliste Waibstadt: (1530): Christoffel Kop, Margaret , syn Hausfrau sowie Veltin Kop, Helena, syn husfr.
Aus Lager-Buch des Closter Lobenfeld ufm kreichgaw von Anno 1567:
Waibstadt 1590 – In dem fluhr nacher Deispach: Martin Koppen Wittib.
Aus Süntzheim 1564 – ......und Veltin Koppen zinst cß.hlr. der Stadt...

Diese Recherchen brachten lediglich den Nachweis, das der Name Kopp
bereits im 16.Jahrhundert in unserer Gegend existierte.   

Allgemein ist in der einschlägigen Literatur zu Gedenk- u. Sühnekreuzen festzustellen, dass im 13. Jahrhundert Aufzeichnungen über Sühnen nicht nachweisbar sind, was aber zu Lasten fehlender Urkunden geht.

Die erste Beurkundung einer Sühne erscheint 1306, jedoch noch ohne Verpflichtung zur Setzung eines Steinkreuzes. Das gleiche ist noch bis 1339 nachweisbar. Erst um diese Zeit scheint sich der kirchliche Einfluß soweit gefestigt zu haben, dass neben den Totengedenkfeiern auch Steinkreuze zu errichten waren und vermutlich noch später muß sich die Abbitte an den Toten auf dessen Grab entwickelt haben.
Wenn dann die Sühneurkunden verstärkt im 15. Jh. und später erscheinen, dürfte dies mit dem Bestreben der Obrigkeiten, alle vorkommenden Rechtsfälle an sich zu ziehen, zu beurkunden und mit Gebühren zu belegen, um sich damit eine Einnahmequelle zu verschaffen.

Im 14. Jahrhundert (1369) begegnet uns zum ersten mal in der Meckesheimer Zent der übliche Träger des lehnbaren Richteramts, der Zent-Graf. Er ist Angehöriger des bäuerlichen Standes.

Vorher (1329) war Engelhard von Weinsberg, Reichspfandinhaber von Burg und Stadt Neckargemünd, Besitzer der Meckesheimer oder Neckargemünder Zent. (21 Orte)

Die Verbindung der Meckesheimer Zent mit Neckargemünd erschöpfte sich allerdings in der Benützung des Neckargemünder Rathauses als Dingstätte.

Schon 1329 wurde der Meckesheimer Zent zugunsten der Kurpfalz aus dem Weinsbergischen Pfandbesitz gelöst und gehört seit dem zum Amt Dilsberg im kurpfälzischen Oberamt Heidelberg.

Der Schlüssel zur Möglichkeit jemals das Rätsel um die Geschichte und Herkommens des Kobenkreuzes zu lösen, liegt in zahlreichen alten Schriften und ungesichteten Urkunden, die in Archiven schlummern.
Dem Zufall bleibt es überlassen wann jemals jemand eine Urkunde, das Kobenkreuz betreffend, entdeckt.

Das Steinkreuz an der Wolfstraße ist auch überregional bekannt: Leopold Hesseck aus Bad Friedrichshall erfasst alle Stein- und Sühnekreuze in der  Region und ist auch auf das Daisbacher Kleindenkmal gestoßen. http://www.suehnekreuz.de/bw/daisbach.htm

Dezember 2009 Reinhard Stichling



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